أَللّٰهُمَّ صَلِّ عَلٰى مُحَمَّدٍ وَعَلٰى اٰلِ مُحَمَّدٍ كَمَا صَلَّيْتَ عَلٰى اِبْرَاهِيمَ وَعَلٰى اٰلِ اِبْرَاهِيمَ اِنَّكَ حَمِيدٌ مَجِيدٌ
O Allâh! Halte Muhammad und dessen Familie in Ehren, wie Du auch Ibrâhîm und dessen Familie in Ehren gehalten hast! Du bist ja der Lobenswerte, der Ruhmreiche. O Allâh! Segne Muhammad und dessen Familie, wie Du auch Ibrâhîm und dessen Familie gesegnet hast! Du bist ja der Lobenswerte, der Ruhmreiche. In der Schöpfung der Himmel und der Erde und in dem Unterschied von Nacht und Tag liegen wahrlich Zeichen für diejenigen, die Verstand besitzen, die Allahs stehend, sitzend und auf der Seite (liegend) gedenken und über die Schöpfung der Himmel und der Erde nachdenken: „Unser Herr, Du hast (all) dies nicht umsonst erschaffen. Preis sei Dir! Bewahre uns vor der Strafe des (Höllen)feuers. (Sure 3: Al-i-IImran Vers 190-191) Für Bediüzzaman ist das ganze Universum ein Spiegel der Betrachtung. Der Sinn der Erschaffung bewusster Wesen liegt in der Erfüllung der Aufgabe der Kontemplation. Bediüzzaman betrachtet das Universum in zwei Kreise und zwei Spiegel:
Der eine ist ein überaus prächtiger, geordneter Kreis der Herrschaft Allahs und ein überaus kunstvoller, geschmückter Spiegel der Schöpfung. Der andere ist ein überaus erleuchteter, erhabener Kreis des Dienens und ein überaus großer, umfassender Spiegel der Reflexion, der Schönheit, der Dankbarkeit und des Glaubens.
Dieser Kreis der Herrschaft, dieser kunstvoll geschaffene Spiegel der Schöpfung, dessen unendliche Ornamente verlangen entdeckt und erkannt zu werden. Nicht nur Menschen und Dschinn, sondern auch unzählige Arten von Engeln und Geistwesen sind aus diesem Geheimnis hervorgegangen. Unter allen Geschöpfen nimmt jedoch der Mensch aufgrund seiner Fähigkeiten eine unvergleichliche Stellung ein. Denn das Ziel des Nachdenkens ist es, die Wunder in den Werken zu sehen, sie einzeln zu betrachten, von diesen Werken zur Manifestation, Vollkommenheit, Größe, Majestät und den anderen heiligen Eigenschaften des Schöpfers zu gelangen, ihn zu erkennen, Bewunderung und Liebe für ihn zu empfinden und den Wunsch zu haben, in seiner Gegenwart zu sein und Seine Gunst zu erlangen. Das ist die Aufgabe, die der Mensch erfüllen kann. Der Mensch mag ignorant und in Unwissenheit gehüllt sein, aber er ist so begabt, dass er der Welt ein Modell und ein Vorbild sein kann. Darüber hinaus wurde dem Menschen ein solcher Schatz anvertraut, dass er verborgene Schätze finden und öffnen kann. So hat er eine umfassende Form des Bewusstseins, in der er die Herrlichkeit und Erhabenheit des Herrn der Ewigkeit erkennt.
Das “anvertraute Geschenk” im Menschen, wie Bediüzzaman es an anderen Stellen seines Werkes als “Ene/Ich-Bewusstsein” bezeichnet, ermöglicht es dem Menschen, durch sie die Qualitäten und Eigenschaften seines Schöpfers zu verstehen. Diese Gabe erhebt den Menschen über die Engel. Auf der anderen Seite ist eine Seele, die durch die “Manifestation der Barmherzigkeit” begünstigt wird, ein Grund für die Überlegenheit über die Engel. Besonders durch die Freude, die er beim Essen empfindet, erkennt der Mensch viele der schönsten Namen. Die Engel aber schmecken es nicht in physischer Form.
So ist der Mensch, der mit höheren Fähigkeiten als alle anderen Geschöpfe in diese Welt gesandt wurde, wie ein erlesener Gast, der zu einer Ausstellung mit den erlesensten Werken eines Künstlers eingeladen wurde. Er wandert in Gedanken durch das Universum, betrachtet jedes Werk, entschlüsselt die künstlerischen Feinheiten, hört die individuellen und kollektiven Zeugnisse aller Geschöpfe, erkennt ihre Anbetung und ihren Lobpreis, und wie ein Befehlshaber, der im Namen der Einheit handelt, bringt er die Anbetung und den Gruß (Selam) der ihm zur Verfügung gestellten Geschöpfe im Namen der göttlichen Gegenwart dar. All dies kann nur durch intensive und kontinuierliche spirituelle Aktivität erreicht werden. Menschen und Dschinn wurden erschaffen, um einem einzigen Ziel zu dienen, nämlich Allah. So erklärt es der edle Koran. Diese Anbetung ist jedoch keine seelenlose und formlose rituelle Zeremonie. Sie erfordert vielmehr den Glauben an ihn, die Erkenntnis von ihm durch das Wissen und die Kenntnis seiner Eigenschaften und Merkmale sowie die Liebe zu ihm und stellt den höchsten Zweck der Schöpfung dar. Die Risale-i Nur sucht dieses Ergebnis durch den Weg der Reflexion zu erreichen. Das Ergebnis dieser Reflexion beschränkt sich nicht auf theoretisches Wissen über die Existenz und Einheit Allahs, sondern durchdringt alle Phasen des menschlichen Lebens und zielt auf die Erlangung des Seelenfriedens, d.h. die Existenz und Einheit Allahs und seiner Namen und Eigenschaften überall, in allem und in jeder Situation zu finden, zu wissen, zu fühlen und in diesem Bewusstsein zu leben:
Der Weg des Denkens der Risale-i Nur besteht darin, die Geschöpfe nicht für sich selbst zu benutzen, sondern sie im Namen des Schöpfers zu betrachten und sie in der Aufgabe seiner schönsten Namen und Spiegelungen der Schönheit einzusetzen, sie aus der Harfi-Perspektive zu betrachten, die Schöpfung im Namen Allahs zu reflektieren, den Sinn in der Schöpfung zu betrachten, aus der völligen Unachtsamkeit herauszutreten und in die ewige Gegenwart einzutreten. Es geht darum, in allem einen Weg zu Allah zu finden. Betrachten wir uns zum Beispiel eine kleine und zarte Blume an, die ein Teil eines größeren Bildes ist. Mit einem etwas weiteren Blick erkennt man, dass dieselbe Blume über die gesamte Erde verteilt ist und aus allen vier Ecken der Welt auf Sie lächelt. Wenn man das gesamte Bild betrachtet, verwandelt sich die Erde in einen farbenprächtigen Garten, in dem jeder Augenblick Millionen von Blumen in verschiedenen Größen, Farben und Mustern erblühen. Das Lächeln der Welt lässt sich in einer Blume lesen.
Ein zartes Blatt am Ende eines Zweiges bildet zusammen mit den Tausenden von Blättern des Baumes ein Bild. Aber der Baum ist nicht das ganze Bild, sondern nur ein kleiner Teil davon. Das ganze Bild zeigt die Entfaltung/Öffnung/Wiederbelebung unzähliger Blätter in ihrer ganzen Pracht. In dieser Öffnung wird die Auferstehung der Welt als ein einziger Körper sichtbar.
Was wir sehen, ist nur ein kleiner Teil eines großartigen Gemäldes. Der Rest entgeht oft unseren Augen. Dadurch verengt sich unsere Wahrnehmung der Welt. Wir verbringen unser Leben damit, uns mit den kleineren Problemen in unserer begrenzten Welt herumzuschlagen und haben kaum Gelegenheit, darüber nachzudenken, was unsere Existenz bedeutet, woher wir kommen und welches Ziel wir anstreben. Die Wahrnehmung der Manifestation eines Namens in einem Wesen führt zur Vorstellung aller Namen, die im Universum erscheinen. Danach kann ein einziges Wesen, ja ein einziges Atom die Funktion des ganzen Universums wahrnehmen. Denn dieses Atom allein beweist und zeigt die Eigenschaften und Attribute Allahs.
An anderer Stelle weist Bediüzzaman darauf hin, dass eine solche Seelenruhe, das Spüren der Gegenwart Allahs, durch die Kraft des wahren Glaubens und der Gotteserkenntnis (Marifetullah) und durch die Ergebnisse des Glaubens in den von Allah geschaffenen Werken erreicht werden.